17./18. April 1521: ein gutes Wort: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen.

17./18. April 1521: ein gutes Wort: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen.

17./18. April 1521: ein gutes Wort: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen.

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17./18. April 1521: ein gutes Wort: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen.

Wort für den Tag

Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! 

(Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms)


Impuls - von Marc Blessing

Genau 500 Jahre ist es her, dass Martin Luther auf dem Reichstag in Worms sein berühmtes Wort gegen Kaiser und Papst geschleudert haben soll: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir. Amen. 


Es war einer dieser Momente in der Geistes- und Kulturgeschichte der Menschheit, die wegweisend für die nachkommenden Generationen werden sollten: Die Entdeckung der Gewissensfreiheit. Die Berufung auf die Vernunft und auf die Heilige Schrift als wesentliche Bezugs- und Ankerpunkte eines Lebens und einer Gesellschaft. Und das Recht auf Achtung und Schutz des Individuums vor der Übermacht von Kirche und Staat.  


Luther war zuvor aufgefordert worden, seine Schriften zu widerrufen, was er mit dem Argument zurückwies, dies sei unmöglich, denn sonst würde er "als einziger Sterblicher" die Wahrheit des Evangeliums, die alle, Freund und Feind gleichermaßen, bekennen, verurteilen. 


"Hierauf erklärte der Sprecher des Reichstages in scheltendem Ton, ich hätte nicht auf die Frage geantwortet. Auch dürfe ich nicht Dinge in Erörterung ziehen, die längst auf den Konzilien beschlossen und verdammt worden seien. Deshalb verlangt man, ich solle einfach unumwunden antworten, ob ich widerrufen wolle oder nicht. Darauf entgegnete ich: "Weil eure geheiligte Majestät und Eure Herrschaften es verlangen, will ich eine schlichte Antwort geben, die weder Hörner noch Zähne hat: Wenn ich nicht durch das Zeugnis der Heiligen Schrift oder vernünftige Gründe überwunden werde (nisi convictus fuero testimoniis scripturam aut ratione evidente) - denn weder dem Papst noch den Konzilien allein vermag ich zu glauben, da es feststeht, dass sie wiederholt geirrt und sich selbst widersprochen haben - , so halte ich mich überwunden durch die Schrift, auf die ich mich gestützt habe, so ist mein Gewissen im Gotteswort gefangen, und darum kann und will ich nichts widerrufen, weil gegen das Gewissen zu handeln weder sicher noch lauter ist. Ich kann nicht anders. Hier stehe ich. Gott helfe mir. Amen." 

Diese Worte hätten ihn fast das Leben gekostet. Damals gingen weder Kirche noch Kaiser zimperlich mit Ketzern um. Doch das Volk brach in Jubel aus darüber, dass ein einzelner Mönch den Mut hatte, den Autoritäten die Stirn zu bieten. 


In der Folgezeit und bis heute ist die Gewissensfreiheit zu einem wesentlichen Grundrecht in demokratischen Gesellschaften geworden. Die Berufung auf eine letzte ethisch-maßgebende Instanz wie die Heilige Schrift UND die Vernunft gleichermaßen ist geistes- und philosophiegeschichtlich bemerkenswert. Sie erlaubt Gläubigen und Nicht-Gläubigen einen Diskurs über das, was gelten soll in einer Gesellschaft, in einem Staat - und in der Kirche. Die Orientierung an Grundwerten wie der Würde des Einzelnen, die Unterordnung aller irdischen, weltlichen und erst recht kirchlichen, Gewalt unter eine letzte höchste Autorität war und ist in modernen Verfassungen wesentlich geworden. Auch um zu verhindern, dass Menschen sich an die Stelle Gottes setzen, wie das in Führer- oder Kaiserkulten immer wieder der Fall war. Und dass im ausgehenden Mittelalter, in dem der Einzelne nichts galt gegenüber den Autoritäten, der Glaube und das Gewissen eines einzelnen Menschen für "in Gott gefangen", und das heißt "unantastbar" erklärt wurde, war für das damalige Denken noch unerhört und gleichermaßen provokant wie prophetisch. In der Folgezeit und erst durch die Aufklärung ist das Individuum mit allen Rechten anerkannt worden und hat nach den Gräueln des dritten Reiches im deutschen Grundgesetz einen höchsten Schutz erhalten: Die Würde des Menschen ist unantastbar. 


Das alles verdanken wir nicht nur Martin Luther. Keineswegs. Aber sein Mut und seine prophetisch-reformatorische Weitsicht haben diese Prozesse angestoßen, die bis heute jede und jeden einzelnen in ihrer und seiner unbedingten Würde schützen. 


Der Auftritt Martin Luthers auf dem Reichstag in Worms vor 500 Jahren lehrt uns - wie meine Frau heute morgen sagte: Es ist besser, eine entschieden-provokante Position in unsicheren Zeiten zu haben, als eine unsichere Position in entschieden-provokanten Zeiten. 


Ein gesegnetes Wochenende!

Herzliche und reformatorische Grüße, 


Ihr Marc Blessing

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